Wer die Mitarbeiterbindung in seinem Unternehmen erhöhen will, kann sich die Obstkörbe und Kickertische sparen
“New Work – das sind doch diese Unternehmen mit Kickertischen und Obstkörben! Toll, das machen wir auch und Mitarbeiterbindung steigt“. Viele Unternehmen haben mit Mitarbeiterfluktuation und Fachkräftemangel zu kämpfen – Kickertische sind dafür leider keine Lösung.
Viele Unternehmen investieren zur Zeit kräftig in Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung – in Obstkörbe, kostenlosen Kaffee, Kickertische, Fitness-Studio-Mitgliedschaften, Zahnzusatzversicherungen und zahlreiche andere “Benefits” für ihre Mitarbeiter. Das ist schön für die Mitarbeiter. Das Problem für das Unternehmen ist aber: Die Rechnung geht nicht auf. Kein Kickertisch der Welt hat je ein Unternehmen zu einem guten und beliebten Arbeitgeber gemacht. Diese Maßnahmen aus dem investierten Geld sind zwar direkt sichtbar – einen Wettbewerbsvorteil bieten sie aber nicht. Teure Employer-Branding-Kampagnen, in denen Schauspieler mit breitem Lächeln vor dem Firmenlogo posieren, übrigens auch nicht.
Aber wieso sieht man in erfolgreichen, “hippen” Unternehmen dann so viele Kickertische und Obstkörbe? Es kann schon sein, dass ein Unternehmer, dem an der Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter gelegen ist, auch eher einen Kickertisch oder Obst für alle springen lässt. Aber wahrscheinlich sorgt er auch dafür, dass alle fair bezahlt werden, dass die Mitarbeiter selbstbestimmt arbeiten können und den Sinn ihrer Arbeit verstehen. Und je nachdem wie hoch der Grad der Selbstbestimmung ist, haben die Mitarbeiter den Kickertisch vielleicht sogar selbst besorgt. Der Punkt ist: Zwischen Mitarbeiterbindung und Kickertischen wird ein kausaler Zusammenhang vermutet, wo keiner ist.
Im schlimmsten Fall kann eine gut gemeinte Geste wie Obstkörbe oder kostenfreier Kaffee sogar nach hinten losgehen. Denn wenn es im Unternehmen andere wichtige Baustellen gibt, stellt sich schnell Zynismus ein – “Für so was hat das Unternehmen also Geld”.
Das, was wirklich gute Mitarbeiter in Unternehmen zieht und hält, sind authentische Berichte über gut funktionierende Arbeitsprozesse, faire Arbeitsbedingungen und hohen Gestaltungsfreiraum. Das erreicht man nicht im Handumdrehen. Diese Investition in den Kern der Organisation ist aber langfristig der nachhaltigste Weg zu qualifizierten, engagierten Mitarbeitern, die dazu noch gerne von Ihrer Arbeit berichten und so neue kompetente Mitarbeiter anziehen.
Der erste Schritt auf diesem Weg ist, einen offenen Dialog (das meint ein persönliches Gespräch – keine anonyme Mitarbeiterbefragung) mit Euren Mitarbeitern darüber anzustoßen, was sie in der Organisation erleben. Was macht ihnen die Arbeit leicht oder schwer? Was beeinflusst die Atmosphäre positiv oder negativ? Was schätzen die Mitarbeiter in Eurem Unternehmen? Denn Mitarbeiter machen ihre Arbeit gerne – sie denken erst übers Gehen nach, wenn ihnen dabei Steine in den Weg gelegt werden.
